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INTERSPACE

Julian Göthe
14.4.-3.11.2013

Wie ein maßgeschneidertes Gewand schmiegt sich Julian Göthes Installation „Interspace (the things that concern you)“ an die Wände der „Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen“ und verbindet dabei auf eindrucksvolle Weise sowohl die einzelnen Etagen des Hauses miteinander, als auch die unterschiedlichen Sammlungsbereiche.

Die Arbeit, die von Göthe im Zuge eines Aufenhaltes in Donaueschingen für die Aufgänge des Hauses entwickelt wurde, besteht aus schwarzen Seilen, die zu vielfältigen Formen verknüpft sind und unter anderem Räume, Gestaltungselemente aus dem Bereich der Architektur sowie ornamentale Muster diverser Ausprägungen suggerieren. Geradlinigkeit und Stringenz treffen auf schwungvolle Rundungen, abstrakt anmutende Linien- und Konturenführungen, auf eindeutig lesbare, gewissermaßen figurative Formen. So prägt die schrägen Treppenläufe das Zusammentreffen von kassettenartigen und kristallinen Formen, während sich die Linien in den horizontalen Passagen der Treppenabsätze zu sich öffnenden Vorhängen oder zu strommastenartigen Figuren zusammenfügen.

Unabhängig von der jeweiligen Erscheinung, weist die Wandinstallation Göthes zunächst eine stark zeichnerische Wirkung auf, mit der sich bei näherer Betrachtung die Anmutung eines Reliefs oder einer organischen Struktur verbindet. Dabei lassen sich durch die verspielten Passagen Anregungen aus dem Art Déco oder dem Stil Novo Italiens genauso ausmachen, wie Einflüsse der auf harte und klare Formen bedachten Minimal Art Amerikas.

Aber auch Bezugnahmen auf den Manierimus des 16. Jahrhunderts sind in der Arbeit nachvollziehbar und können insofern neben den bereits genannten Strömungen ebenfalls als wichtige Inspirationsquellen für das Schaffen des Künstlers angesehen werden. Die Gegensätze, die eigentlich zwischen diesen klar unterscheidbaren Richtungen vorherrschen, werden dabei galant überwunden und verbinden sich zu einem gänzlich neuen Gefüge.

Innerhalb des räumlichen Arrangements der „Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen“ verwandelt die künstlerische Intervention Göthes den „Interspace“, den Raum zwischen den einzelnen Ausstellungsbereichen, in ein eigenständiges Werk, so dass dieser Bereich von seiner reinen Mittlerfunktion enthoben wird. Das Treppenhaus wird zu einer imaginären Bühne, auf der die Besucher die Rolle von Akteuren einnehmen und in eine Beziehung zu der Arbeit treten. Göthe schafft ein neues Raumgefühl und schärft damit das Empfinden für die historische Architektur des Gebäudes, die in unterschiedlichen Weisen sowohl akzentuiert als auch konterkariert wird. Ohne die bauliche Struktur des Hauses in den Hintergrund treten zu lassen, weist die Arbeit Göthes eine einzigartige und nachhallende Präsenz auf, die die Identität des Ortes nicht nur erweitert, sondern auch deutlicher in unserem Bewusstsein verankert.

Ergänzt wird die Wandarbeit durch das skulpturale Werk „This Room is my Castle of Quiet“ aus dem Jahr 2004, das von Göthe bewusst in den Oberlichtsaal der griechischen und römischen Standbilder der „Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen“ platziert wurde. Die Arbeit ist aus weißen, filigranen Stahlstäben gebildet, die sich über drei spitz zusammen laufenden Füßen, zu einem schmalen Körper verjüngen, der von sehr weich anmutenden Federn bekrönt wird. Ein dünner, elegant fallender und fast transparenter Stoff umschlingt dabei den mittleren Bereich der Skulptur und steigert ihre ohnehin schon sehr grazile Anmutung. Sie wirkt dadurch ungemein gewandt und glanzvoll, so dass man sie als glamouröse, divenhafte Gestalt umschreiben könnte.

Präsentiert ist die Arbeit innerhalb des Saales auf einem eigens angefertigten Sockel, der in seinen Proportionen auf die Podeste der antiken Standbilder Bezug nimmt und sie auf diese Weise mit den zum festen Bestand der „Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen“ zählenden Gipsen verbindet. Dabei steht das Werk gleichermaßen in einem harmonischen wie auch disharmonischen Verhältnis zu den Abgüssen, ohne das sich dieser Widerspruch auflösen ließe. So wirkt die Skulptur Göthes innerhalb des Saales ebenso deplaziert wie passend und sorgt damit für eine geheimnisvolle Spannung.

Unabhängig von diesem paradoxalen Verhältnis, verleiht die Arbeit Göthes durch ihre glanzvolle Erscheinung dem Skulpturensaal eine zusätzliche Eleganz und Pracht, wobei diese nicht weniger zeitlos anmutet, als jene ihrer antiken Pendants. Ganz ähnlich wie die Wandinstallation, schafft auch die Skulptur Göthes einen Brückenschlag zwischen Alt und Neu und transformiert den Oberlichtssaal der „Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen“ damit einhergehend in ein installatives Arrangement.

AUSGESTELLTER KÜNSTLER

JULIAN GÖTHE

IMPRESSIONEN