AFTER EIGHT
01.5.-25.8.2019
Eröffnung 30.4.2019, 19:30 Uhr
01.5.-25.8.2019
Eröffnung 30.4.2019, 19:30 Uhr
Mit der Ausstellung „After Eight“ präsentiert Fürstenberg Zeitgenössisch den achten Jahrgang des 2011 auf Schloss Heiligenberg begründeten Förderprogramms. Die Arbeiten der drei Künstler_innen Juan Antonio Olivares, Vanessa Safavi und Zin Taylor verbindet in ihrer Vielfalt die Suche nach einer visuellen Form für das Denken oder auch die Ideologien, die es ausbildet.
In den Werken von Juan Antonio Olivares (*1988 in Bayamón, Puerto Rico; lebt in New York, USA) erzählen Teddybären, Muscheln oder Menschen von einem Aufbruch ins Ungewisse. Der Protagonist seines Videos „Kokomo Lost“ findet sich auf einer einsamen Insel wieder, die er – im Versuch das Unbe-kannte zu erfassen – erkundet wie einen geliebten Menschen, um sich in dem Anderen zu verlieren. Diese Verbindungen zwischen Äußerem und Innerem, Umwelt und Emotionen sind typisch für Olivares’ Arbeiten. Er bringt Emotionen und Psychologie mit Wissenschaft und dem Kosmos zu einer oftmals filmischen Suche nach dem Verstehen zusammen. Dabei verlieren sich seine Protagonist_innen in den Emotionen wie im Universum, so dass die Suche nach Ordnungen und Erfassbarkeit stets auch davon handelt, dass die großen Fragen der Menschheit nur schwer zu beantworten sind und umge-kehrt Fragen an die Bedingungen von Identität aufwerfen. Dabei spielen Stereotype oftmals eine Rolle; wie z.B. der Teddy-bär aber auch die Konstruktion des zivilisierten Menschen, der ins Ungewisse geworfen wird. Die Miniaturfigur „Id Merch“ hat eine Beinprothese und einen plüschigen Teddy-bärarm und ist ein vielfältiges Anderes, das ebenso vertraut wie fremd, nah und entfernt erscheint. Die losen, auf visueller Ebene sich entfaltenden Beziehungen zwischen eben dieser Nähe und Distanz verbinden Olivares Werke und handeln von einer Suche, die von Brüchigkeit, Unbewusstem und Begehren erzählt.
Der Körper ist ein auf vielfältige Weise wiederkehrendes Motiv in den Arbeiten von Vanessa Safavi (*1980 in Lausanne, Schweiz; lebt in Berlin). Ihre neue Videoarbeit „Velvet“ wurde in einer indischen Fabrik gedreht, die Latexhandschuhe pro-duziert. Weiße Plastikhände bewegen sich in einem quasi-choreographischen Bewegungsablauf fortwährend rotierend an einem Förderband durch die unterschiedlichen Produktions-schritte. Im Vordergrund stehen diese künstlichen Körperteile, von denen am Ende die auffällig dunkleren Arme der Arbeiter die Handschuhe abziehen. Die abstrakte Konstruktion einer körperlichen Form und ihre Erhaltung durchziehen das Werk von Safavi in einer tief- und abgründigen Schönheit. In die abstrakte Perfektion und ihre haptischen wie visuellen Quali-täten schreiben sich Lücken ein, in denen sich wortlos ein Unbehagen entfaltet. Die objektifizierten ausgestopften Vögel mit dem Titel „Each colour is a gift for you“ beispielsweise rufen einen Exotismus auf, aber auch eine Verfügbarkeit der Oberflächen. Die häufige Verwendung von Silikon lässt an Haut denken, aber auch an Körper und Identität. Bei Safavi stellt sie weniger einen Schutz dar denn eine Projektionsfläche für Zuschreibungen, die vermeintliche Objektivität, wissen-schaftliche Datensammlungen oder Produktionsmechanismen als Begehrlichkeiten sozialer und kultureller Ordnungen subtil spürbar werden lässt.
In Zin Taylors (*1978 in Calgary, Kanada; lebt in Paris, Frankreich) Erzählungen, die sich in Wandzeichnungen und Objekten in den jeweiligen Ausstellungsräumen entspinnen, wird das Denken zu einer visuellen Erfahrung. Dabei sind beide kaum eins zu eins zu entziffern oder zu enträtseln, auch wenn die Bildsprache und die Formen, das Alphabet, das den Werken zugrunde liegt, der Popkultur oder der Kunstgeschichte entlehnt sind. Sie sind momentane Zustände und Situationen, die sich schon von einem Blick zum anderen ändern können:
Eine Linie changiert zwischen ihrer Buchstabenreferenz, ihrer Nasenform, einem Hügel oder einem Busch. Schnittblumen in Vasen konservieren einen kurzen Moment der Blüte und wollen genährt werden – bevor sie dann doch vergehen. Manche Vasen sind Teil von auf größeren, kissenartigen Ob-jekten, arrangierten Kugeln, die sowohl in einem Zusammen-hang mit Vase und Blume als auch dem Loch stehen, das sich dort ebenfalls befindet. Mobiles, die an Alexander Calder erinnern, formieren sich wie Bilderrahmen auf der Wand und finden einen Widerhall in Taylors großformatiger Wand-zeichnung. Die potentielle Beweglichkeit und die sein Werk zwischen Comic und organischem Wachstum durchziehende Landschaftlichkeit wirken zusammen als eine Topographie von Gedanken. Das Denken ist bei Taylor ein physischer Prozess. Gedanken entstehen als Formen im Raum und ver-leihen dem inneren Vorgang eine Präsenz – als kippbildhafte Linien, Punkte und Konstellationen.
Die Werke von Olivares, Safavi und Taylor spielen mit Er-wartungen und habituellen Denkweisen und nähern sich den Brücken und Lücken an, die sich zwischen Körper und Geist, wahrnehmbarer Präsenz und Denken eröffnen. Unvereinbares entpuppt sich als vereinbar, ohne in eins zu fallen – After Eight.